Fremde Äpfel im eigenen Garten? Die wichtigsten Fakten zum Nachbarrecht in Deutschland

Sonnendieb, Fallobstjäger oder Laubproduzent: Zwischen Hobbygärtnern bricht gerne mal ein Streit aus, wenn es um Grenzbepflanzung geht. Aber Sie müssen nicht voreilig einen Prozess beginnen, denn die meisten Regeln stehen klipp und klar im sogenannten „Nachbarrecht“. Wir haben Ihnen die wichtigsten Fakten zusammengestellt.

Das Nachbarrecht: Was es beinhaltet

Was steht drin?

Bei Streitereien am Zaun wird immer wieder auf das „Nachbarrecht“ verwiesen. Dort sind die Vorgaben für den Abstand von Gartenpflanzen zur Grenze des Nachbarn niedergeschrieben. Denn ein großer Baum wird, je näher er an der Grenze gepflanzt ist, auch einen größeren Schatten werfen, was wiederum für die Pflanzen des Nachbarn unschöne Folgen haben kann. Das Nachbarrecht soll also die Interessen jedes Hobbygärtners schützen.

Aber Achtung: Jedes Bundesland hat seine eigene Note in die gesetzlichen Bestimmungen miteingebracht. Kein Wunder also, dass es innerhalb der Länder oft zu recht unterschiedlichen gerichtlichen Entscheidungen kommt. Fragen wie „Wie nah darf die Birke meines Nachbarn an die Grenze gepflanzt werden?“ werden in Bayern anders beantwortet, als in Schleswig-Holstein.

Ob bei Regeln für den Bau einer Terrassenüberdachung, eines Gartenhauses oder eines Carports: Das jeweilige Landesrecht bestimmt dabei die Regeln. So auch im Nachbarrecht. Deshalb haben wir für Sie weiter unten die wichtigsten Zahlen für jedes Bundesland zusammengestellt.

Im Hintergrund die Grenze zum Nachbar: Wie nah dürfen die Bäume denn wirklich stehen?
Unser 5-Eck-Gartenhaus: Idylle pur, aber bei der Grenzbepflanzung hat der Nachbar noch ein Wörtchen mit zu reden.

Da will es jemand ganz genau wissen: Der Mindestabstand

Jeder von Ihnen kann wahrscheinlich nachvollziehen, weshalb große Gehölze nicht nah an der Grenze zum Nachbarn stehen dürfen, wenn sie den Pflanzen die Sonne stehlen. Aber wie wird eigentlich der benötigte Abstand definiert?

So wird der Abstand gemessen

Sie müssen von der Mitte der Pflanze bis zur Grenze messen. Falls der Abstand nicht eingehalten ist, können Sie von Ihrem Nachbarn einfordern, die Pflanze auf die rechtmäßige Höhe (dies muss aber laut den rechtlichen Vorgaben nicht im Zeitraum vom 01.10 – 15.03 erfolgen, da dies als pflanzliche Wachstumsperiode gilt) zu kürzen. Nachdem einige Landesverordnungen den Abstand über die Art der Pflanze definieren, kann ein Experte im Falle von Zweifeln hinzugezogen werden. Diese gutachterliche Stellungnahme erfolgt über einen Sachverständigen, der von den jeweiligen Landwirtschaftskammern vermittelt wird.

Kleine Blumen und großer Baum - klar wer da gewinnt!
Neben einem großen Baum haben Ihre kleinen Blumen vielleicht gar keine Chance das Sonnenlicht zu erblicken: Darum geht es im Nachbarrecht!

Wie weit der Abstand letztendlich genau sein muss, beschreibt das Nachbarrecht. Da es in jedem Bundesland in Deutschland eigens festgelegt ist, müssen Sie sich nach den Vorgaben Ihres Wohnortes richten.

Jeder wie er will: Vorgaben je Bundesland

In Bremen, Hamburg und Mecklenburg – Vorpommern wurde bewusst auf gesetzliche Vorgaben verzichtet, welche die Grenzbepflanzung regeln. Dort wird einerseits auf die nachbarschaftliche Einigung gepocht und andererseits von Fall zu Fall entschieden.

Wirklich malerisch: Das kleine Gartenpavillon unter dem großen, starken Baum.
Nicht in jedem Bundesland dürfte ein solcher Baum neben einem Gartenpavillon stehen, denn der Grenzabstand wird auf Landesebene festgelegt.

Alle anderen Bundesländer haben feste Vorgaben. Der Grenzabstand richtet sich dabei nach der Art oder der Höhe der Pflanze. Wird nach dem Wachstumstyp entschieden, so gibt es für Bäume, Sträucher und Hecken jeweils unterschiedliche Abstandsbestimmungen.

Abstand ist eine Typ-Frage

Bei Bäumen gibt es drei Kategorien, die sich je nach Stärke des Wachstums gliedern. Zu den stark wachsenden Bäumen zählt unter anderem die Pappel, die Rotbuche, alle Lindenarten, die Eibe und viele weitere.

Zu weniger stark wachsenden Sorten zählen Akazie, Birke, Fichte oder Kiefer. Bei Kernobstbäumen müssen Sie die Stärke des unterirdischen Wurzelsystem beachten: Je stärker, desto mehr Abstand kann Ihr Nachbar einfordern.

Viele verschiedene Bäume, viele verschiedene Wachstumstypen.
Je nach Sorte des Nachbarbaumes, kann Ihr Nachbar mehr oder weniger Granzabstand einfordern.

Bei Sträuchern wird im Grunde nur zwischen zwei Arten unterschieden: Flieder-, Haselnuss- oder Brombeersträucher werden als stark wuchernd definiert, alle anderen dürfen gerne näher an der Grenze zum Nachbarn gepflanzt werden.

Wir haben für Sie die landesrechtlichen Vorgaben in einer Übersicht zusammengestellt. Angegebene Werte gelten nur, wenn Ihr Nachbar nicht landwirtschaftlich tätig ist, sonst müssen die Abstände noch größer sein (meistens das Doppelte). Informieren Sie sich deshalb schon vorab beim Justizministerium ihres Bundeslandes über den Mindestabstand, falls ein landwirtschaftlicher Betrieb an Ihren Garten grenzt. Dort erfahren Sie die genauen Vorgaben aus dem jeweiligen Nachbarrecht. So lässt sich der unschöne Nachbarstreit vermeiden.

Nach Pflanzenkategorie

Bundesland Kategorien Vorgeschriebener Abstand
Baden-Württemberg Bäume und Sträucher
Kleine Gehölze
Obstbäume (je nach Wurzelwachstum)
Zusätzlich: Höhenbegrenzung von 4 Meter
Stark wachsend
Weniger stark wachsend
0,50 Meter
1 Meter – 4 Meter
Allein stehend: 6 Meter,sonst 8 Meter
2 Meter
  Hecken
< 1,80 Meter Höhe
< 2,30 Meter Höhe
0,50 Meter
1 Meter
Berlin Bäume
Stark wachsend
Obstbäume mit niedriger Krone
Alle anderen
3 Meter
1 Meter
1,50 Meter
  Sträucher 0,50 Meter
  Hecken
< 2 Meter Höhe
> 2 Meter Höhe
0,50 Meter
1 Meter
Hessen Bäume
Stark wachsend
Weniger stark wachsend
Kleine Obstbäume
4 Meter
2 Meter
1,50 Meter
  Sträucher
Stark wachsend
Weniger stark wachsend 
1 Meter
0,50 Meter
  Hecken
< 1,20 Meter Höhe
< 2 Meter
> 2 Meter 
0,25 Meter
0,50 Meter
0,75 Meter
Nordrhein-Westfahlen Bäume
Stark wachsend
Alle anderen
4 Meter
2 Meter
  Sträucher
Stark wachsend
Alle anderen
1 Meter
0,50 Meter
  Obstbäume und -sträucher 0,50 – 2 Meter
  Hecken
< 2 Meter Höhe
>2 Meter Höhe
0,50 Meter
1 Meter
Rheinland – Pfalz Bäume
Stark wachsend
Weniger stark wachsend
Andere 
4 Meter
2 Meter
1,50 Meter
  Obstbäume
(je nach Wurzelwachstum)  
1,50 Meter – 4 Meter
  Sträucher
Stark wachsend
Andere
1 Meter
0,50 Meter
  Hecken
< 1 Meter
< 1,50 Meter
< 2 Meter
> 2 Meter
0,25 Meter
0,50 Meter
0,75 Meter
Abstand erhöht sich um das Maß der zusätzlichen Höhe
Beispiel: 2,50 Meter Höhe entspricht 1,25 Meter Abstand
Saarland Bäume
Stark wachsend
Weniger stark wachsend
Andere
4 Meter
2 Meter
1,50 Meter
  Sträucher
Stark wachsend
Andere
1 Meter
0,50 Meter
  Hecken
Für jede Höhe
Mindestens 0,75 Meter
Thüringen Bäume
Stark wachsend
Weniger stark wachsend
Andere
4 Meter
2 Meter
1,50 Meter
  Sträucher
Stark wachsend
Andere
1 Meter
0,50 Meter
  Hecken
< 1 Meter
< 1,5 Meter
< 2 Meter
> 2 Meter
0,25 Meter
0,50 Meter
0,75 Meter
Abstand erhöht sich um das Maß der zusätzlichen HöheBeispiel: 2,50 Meter Höhe entspricht 1,25 Meter Abstand

Nach Pflanzenhöhe

Bundesland Höhe der Pflanze Vorgeschriebener Grenzabstand
Bayern
(gilt für Bäume, Hecken und Sträucher)
< 2 Meter
> 2 Meter
Mindestens 0,50 Meter Abstand
Mindestens 2 Meter Abstand
Brandenburg Sträucher und Hecken
Abhängig von HöheBäume
Obstbäume
Andere
Mindestens ein Drittel der Wuchshöhe
Beispiel: 0,90 Meter Höhe entspricht mindestens 0,30 Meter Abstand2 Meter
4 Meter
Niedersachsen
(gilt für Bäume, Hecken und Sträucher)
< 1,20 Meter
< 2 Meter
< 3 Meter
< 5 Meter
< 15 Meter
> 15 Meter 
0,25 Meter
0,50 Meter
0,75 Meter
1,25 Meter
3 Meter
8 Meter
Sachsen – Anhalt
(gilt für Bäume, Hecken und Sträucher)
< 1,50 Meter
< 3 Meter
< 5 Meter
< 15 Meter
> 15 Meter 
0,50 Meter
1 Meter
1,25 Meter
3 Meter
6 Meter
Sachsen
(gilt für Bäume, Hecken und Sträucher)
< 2 Meter
> 2 Meter
0,50 Meter
2 Meter
Schleswig – Holstein Ab 1, 20 Meter Mindestens ein Drittel der Höhe der Pflanze
Beispiel: 3 Meter Höhe, entspricht mindestens 1 Meter Abstand

Alle Angaben ohne Gewähr.

 3 Fakten, die Sie kennen sollten

Die Verjährungsfrist: Rechtzeitig fordern

Sie sind neu umgezogen oder haben Ihren Garten umgestaltet und möchten Ihr Recht auf eine Kürzung der Nachbarspflanzen einfordern? Was oft vergessen wird: Es gibt für diese Forderung in den meisten Bundesländern eine Verjährungsfrist. Nach fünf Jahren (in der Regel) haben Sie keinen Anspruch mehr auf eine Kürzung oder eine Beseitigung des störenden Gewächses.

Das gilt auch, wenn Sie erst umgezogen sind, denn die Frist wird übertragen. In jedem Fall sollten Sie sich aber rechtlich beraten lassen, falls Sie mit einem gerichtlichen Prozess liebäugeln.

Übeltäter oder Geschenk? Zweige, Wurzeln und Obst

Sie haben ein Recht darauf, von Ihrem Nachbarn zu verlangen, dass er die überhängenden Zweige beseitigt. Laut § 910 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) müssen Sie hierfür ihm eine angemessene Frist einräumen. Wenn in dieser allerdings nichts passiert, dürfen Sie sogar selbst Hand anlegen. Allerdings mit Vorsicht: Möglicherweise verbietet Ihnen die Baumschutzordnung Ihrer Gemeinde den Eingriff.

Das Gleiche gilt für Wurzeln, die ins Gelände des Nachbarn gelangen. Dabei sind Sie für die Beseitigung zuständig. Sollte es bei Ihrem Nachbarn durch die Wurzel zu einer Beschädigung der Gartenterrasse kommen, tragen Sie die Kosten für die Reparatur.

Fallobst vom Nachbarn: Glück oder Pech?
Zweige, Wurzeln oder Fallobst: Der Nachbarsgarten kann ein paar Überraschungen bereithalten.

Nervige Zweige oder unkontrollierbare Wurzeln sind eine negative Seite eines Obstbaumes des Nachbarn: Wie steht es aber mit den (köstlichen) Früchten? Obst, das am Baum hängt, gehört dem Eigentümer der Pflanze, auch wenn die Zweige in Ihren Garten hängen. Ihr Nachbar darf, um an diese Früchte zu gelangen, zwar nicht auf Ihr Gelände, aber sie aus der „Luft angeln“. Anders verhält es sich bei Obst, das auf Ihre Fläche fällt. Das dürfen Sie ungeniert genießen.

Laub vom Nachbarn: Muss das sein?

Einzig unsere Kinder erfreuen sich an den bunten Laubhaufen, für Gartenliebhaber bedeutet der Herbst aber vor allem Arbeit. Ärgerlich, wenn neben dem eigenen Laub nun auch die Blätter des Nachbarn aufgeräumt werden müssen. Dagegen lässt sich rechtlich allerdings nichts unternehmen, In solchen Fällen haben Richter bisher immer für den Baumbesitzer entschieden. Eine schlechte Idee ist es, das Laub einfach in Garten des Nachbarn „zurückzulegen“, denn das könnte im schlimmsten Fall ein Bußgeld nach sich ziehen.

Eine nette Grillparty braucht nette Gäste - wie zum Beispiel ihre Nachbarn.
Bei einem Grillfest im Grillpavillon werden Sie und ihre Nachbarn bestimmt einen Kompromiss finden.

Sie sollten aber, bevor Sie Ihren Nachbarn mit der Rechtslage konfrontieren, einen Kompromiss suchen. Das gemeinsame Grillfest muss nicht gleich wegen ein paar Zweigen ins Wasser fallen.

Wir wünschen Ihnen eine schöne Gartenzeit und harmonische Momente mit Ihrer Nachbarschaft!

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Bilder: Bild 1 © iStock / FactoryTh; Bild 2, 4, 7: © Gartenhaus GmbH; Bild 3: © iStock / cindygoff, Bild 5: © iStock / fresh_n_spicy; Bild 6: © iStock / Greenseas

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