Die neue Lust der Deutschen an ihrem Garten

Jedes mittelalterliche Kloster hatte einen Garten, in dem Gemüse, Obst, Würz- und vor allem Heilkräuter gezogen wurden. Dieser Besitz wurde liebevoll, fachkundig und im Wissen um dessen Bedeutsamkeit für das Wohl und Wehe der Mönche und Nonnen gepflegt. Auch die Bauernhöfe kannte ihn lange Zeit als festen Bestandteil der Selbstversorgungskette: den Bauerngarten.

Beschreibt das die Motive der über 65 Millionen Bundesbürger, die einen Garten ihr eigen nennen? Nicht ganz, wie eine kürzlich erstellte Umfrage ergab: Da wurde die Selbstversorgung mit knapp 30 % erst an dritter Stelle genannt.

Die beachtliche Zahl der Schrebergärten, alleine in Berlin gibt es davon ungefähr 68.000, steht für diesen nutznießerischen Aspekt des Gartenbesitzes. Hier schreibt meist die Satzung der Schrebergärten-Gemeinschaft vor, in wieweit der Garten mit Obst und Gemüse zu bebauen ist und wie groß das Areal sein darf, das der Erholung dient.

Das ist der Idee vom Schrebergarten als Versorgungsmöglichkeit für die arbeitende städtische Bevölkerung in der Zeit der Industrialisierung geschuldet. Lange als spießig verpönt und eher das Betätigungsfeld der Älteren, bekommen die Schrebergärten mit dem neuen Phänomen des „Urban Gardening“ wieder Auftrieb. Junge Familien erwärmen sich zunehmend für die Idee, eigenes Gemüse und Obst anzubauen – frisch und ökologisch unbedenklich. Immerhin 28% aller Gartennutzer sind unter 40 Jahre alt.

Doch die meisten Menschen treibt die Liebe zur Natur ins Grüne: Schöne Blumen und Gehölze oder herrlicher Rasen ergeben die Naherholungsoase direkt vor der Haus- bzw. Terrassentür. Noch ein Eckchen für Kräuter und Gewürze oder einen schönen Obstbaum – das ist, was die meisten Deutschen in ihren Gärten mögen. Gemüse, dessen Anbau inzwischen wieder zunimmt, und Bäume finden sich in Hausgärten seltener.

Dafür werden immer mehr Gärten zu einem verlängerten Wohnzimmer. Schöne Gartenmöbel, praktische Grillstationen und mobile Überdachungen verlängern die Saison, in der der Garten für das Leben an der frischen Luft genutzt werden kann. Mediterranes Lebensgefühl und fröhliche Gartenfeste verlocken ebenso wie das Gefühl, etwas „Echtes“ zu erleben: Das Summen der Insekten und der Geruch des Bodens oder der Pflanzen werden so zu einem Gegenpol des technisierten Alltags.

Geändert hat sich die gesellschaftliche Einordnung des Gärtnerns. Nicht länger gilt es als spießig, sich über Sträucher, Obstsorten oder Blumenstauden zu unterhalten. Der aus England und Holland nach Deutschland gewanderte Trend der „Tage der offenen Gartenpforte“ steht für den neuen Stolz der Gartenbesitzer. Sie zeigen gerne, was sie tun und sie freuen sich mit anderen am gelungenen Werk. Sogar ein German Style ist inzwischen zu verzeichnen, eine Gartengestaltung mit Ziergräsern und Präriestauden. Sehr typisch ist auch die Weiterentwicklung der früheren Bauerngärten, die Kräuter, Gemüse, Beerenobst und pflegeleichte Sommerblumen wie Stock- und Pfingstrosen oder Sonnenblumen in durch Buchs eingefassten Beeten zeigen.

Gleich, welcher Art der Garten auch ist – ohne Pflege kommt keiner aus. Besonders im Frühjahr und im Herbst fällt Gartenarbeit an. Im Frühjahr müssen die Winterschäden an Gehölzen ausgeschnitten werden, Unkraut und abgestorbene Pflanzen werden entfernt und neue eingesetzt oder gesät. Der Herbst hat neben dem Laub zusammenharken (und für den Igel liegen lassen) auch noch den Rückschnitt der Hecken oder das Vorbereiten frostempfindlicher Pflanzen auf den Winter als Aufgabe für den passionierten Gärtner. Wer Wasserleitungen außerhalb des Hauses hat, sollte diese jetzt entleeren, dann kann der Winter kommen. Es sind ja nur wenige Monate, bis das Frühjahr wieder nach draußen lockt.

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